Xaviers Blog: Ein Banker den das Leben schrieb. Eine Kolumne von Martina Bahl. Xaviers Oberboss, also der Chef des Chefs seines Chefs, ist zu Besuch in Xaviers Abteilung. Zumindest einmal im Jahr wolle er nach dem Rechten sehen bei seinen Arbeitsameisen und Cashcows.

Der leitende Manager war dazu eigens aus den Vereinigten Staaten angereist, wo er überlicherweise sein Büro hatte. Warum gerade dort, das könne sich zwar niemand recht erklären, aber im Grunde sei das schon in Ordnung, so Xavier. Der Oberboss sei schließlich Amerikaner. Schon alleine einen Oberboss habe niemand gerne ständig um sich. Das sei viel zu mühsam, erklärt uns Xavier. Schließlich haben Oberbosse in der Regel nicht wirklich viel Ahnung vom Geschäft, oder ihr Wissen bezieht sich auf den Stand der Dinge von vor 20 Jahren, als sie selbst vielleicht mal aktiv Geld verdient haben. Dass sich die Welt seither geringfügig verändert habe, das wollten viele Oberbosse nicht so recht verstehen.

Tja, und dann, so erklärt uns Xavier, sei da noch die Sache mit dem Amerikaner. Das, so ist sich Xavier absolut sicher, könne nur jemand verstehen, der selbst schon mit U.S.-amerikanischen Managern gearbeitet habe. Zwischen europäischen Bankern und amerikanischen Bossen träfen nunmal einfach Welten aufeinander. Zumindest träfe dies auf alle U.S.-Manager zu, die Xavier bisher erlebt habe.

Das wollen wir nun genauer wissen und fragen nach, was Xavier denn damit meinen könnte. Xavier stöhnt leise: „Wo fange ich da bloß an?“ Es fängt schon damit an, so Xavier, dass die Amis so laut reden. Sie schreien fast schon, als wären sie bei einem Baseball oder American Football Spiel. Sportarten, die in Europa ohnedies niemand kennt und die niemand recht versteht. Aber wenn es nur das laute Reden über unsinnige Sportarten wäre. Dann ist da noch dieses übertriebene Ego-Gehabe. Italiener, Spanier und Österreicher wären zwar auch geborene Machos, aber diese würden das noch mit Charme verbinden. Letzterer sei den Amerikanern nach Ansicht von Xavier irgendwann im Laufe der Evolution abhanden gekommen.

Doch selbst darüber könnte er noch hinwegsehen, so Xavier. Am meisten nerve ihn dieses endlose Motivationsgetue und die schier endlose Aneinanderreihung von positiven Superlativen wie: „Great!“, „Wonderful!“, „Fantastic!“, die jeder ständig zu hören bekommt, selbst bei den unwichtigsten Unwichtigkeiten. Diese ständige, übertriebene Fröhlichkeit, so Xavier, die nerve ihn, einen aus tiefstem Herzen ständig nörgelnden Europäer, ungemein. Damit komme er einfach nicht klar. Deshalb sei es ganz wonderful great and fantastic, dass der Oberboss sein Büro in den Vereinigten Staaten von Amerika habe.

Einmal im Jahr für wenige Tage, das würden er und seine Chefs und Kollegen gerade mal durchstehen, erklärt uns Xavier. Schließlich böten sich danach auch zahlreiche lustige Momente, in denen alle europäischen Kollegen gemeinsam über die ein oder andere Parodie lachen konnten. So etwa wie: „Ich gehe mal zur Toilette!“ Worauf der Kollege antwortet: „Das ist wonderful! Ich bin sicher du machst das fantastisch und great!“

Nur ständig, so Xavier, würden sie den Amerikaner, wie sie ihn nennen, nicht ertragen. Zu viel sprühende Greatness von diesem wonderfully erfolgreichen Sunnyboy, das würde irgendwann auf das zarte, europäische Banker-Gemüt schlagen.