Xaviers Blog: Ein Banker den das Leben schrieb. Eine Kolumne von Martina Bahl. Xavier kommt zu spät. Doch braun gebrannt und mit einem strahlenden Lächeln kommt er uns entgegen. Denn er kommt frisch von einem fünftägigen Urlaub in Kroatien. Dort, so erzählt er uns, ist er als Teil einer Segelmannschaft über die Wellen geritten. Ein ganz toller und schneller Katamaran, so schildert es uns Xavier, eines der begehrtesten Boote derzeit.

Wir sind beeindruckt. Vor unserem geistigen Auge sehen wir ein Profiboot, das mit unglaublicher Geschwindigkeit über das Meer rast, und darauf Xavier, der sich waghalsig über Bord streckt, um das Gewicht des Bootes zu stabilisieren. Oder Xavier, der mit starken Zügen in Windeseile ein Segel einholt, an Seilen zieht und laut kurze Befehle an seine Mitsegler ruft. Wie man das eben so kennt aus dem Fernsehen, wenn über große Segelregatten berichtet wird.

Bestärkt werden wir in unserer Vorstellung von Xaviers Erzählungen von wilden Wellen, der Fahrt in den Sonnenuntergang, dem Zischen der Brandung, großer Geschwindigkeit und einer Gruppe starker Männer. Alles Bankerkollegen, so berichtet er uns weiter. Wow, denken wir uns, die haben es drauf. Einen wilden Katamaran zu zähmen, da gehört bestimmt viel Mut und Geschick dazu! Wir sind schwer beeindruckt.

Doch dann zückt Xavier sein Smartphone und zeigt uns stolz einige Bilder von seinem Segelturn. Xavier mit einer Flasche Bier an einer kleinen aber luxuriösen Bar. Xavier im Liegestuhl mit einem Cocktail. Xavier unter Deck auf einer Ledercouch. Xavier an die Reiling gelehnt vor dem Sonnenuntergang. Xavier in einer Hängematte! Und dann noch ein Foto des Katamarans im Hafen. Die starken, geschickten Männer sind darauf auch zu sehen. Nur scheinen die keine Banker zu sein. Denn die Banker sitzen allesamt mit Bierflaschen an Deck und prosten einander zu. Der Katamaran? Nun, mit einem Sportboot hat das Ding, mit dem Xavier über das weite Meer gefahren ist, nicht mehr viel zu tun. Es ist riesig, sieht ausgesprochen luxuriös aus und vor allem auch teuer. Zerstört ist unser Bild vom wagemutigen Banker, der mit Todesmut über haushohe Wellen reitet.

Wir nicken und finden, dass Xaviers Segelturn im Grunde gar nicht so schlecht war. Wir sind sogar etwas neidisch auf ihn. Warum er denn nicht länger geblieben ist, wollen wir wissen. Fünf Tage, das ist nun doch recht kurz. Da hätte es sich bestimmt länger gut aushalten lassen. Xavier nickt traurig und meint nachdenklich: „Fünf Tage Bier an der selben Bar, das hat gereicht. Noch dazu ohne hübsche Frauen. Und überhaupt: Wisst ihr denn, wie teuer diese Sch… ist?“