In Xaviers Jacke klingelt es. Er greift in seine Tasche, nimmt ein Mobiltelefon heraus, und meldet sich. Doch es klingelt weiter. Xavier legt das Mobiltelefon auf den Tisch vor sich, greift in eine andere Innentasche, holt ein weiteres Gerät hervor, und meldet sich wieder. Aber es klingelt noch immer. Nun wirkt Xavier leicht genervt. Er legt auch dieses Telefon auf den Tisch vor sich, kramt in der nächsten Innentasche, holt wieder ein Handy heraus, und tatsächlich, diesmal hat er Glück, und es ist das Richtige.

Wir beobachten die Sache interessiert. Als Xavier mit seinem Gespräch fertig ist – es ging um Xaviers neuen Regenschirm, also eine ernste Angelegenheit – halten wir es nicht mehr aus und fragen ihn: „Sag mal, Xavier, wie viele Mobiltelefone schleppst du denn mit dir herum, umd wieso?“

Xavier schaut uns erstaunt an. Er kann sich offensichtlich nicht erklären, warum wir ihm so eine dumme Frage stellen. Doch Xavier ist wie immer sehr geduldig mit uns und klärt uns auf.

„Das erste ist das Firmentelefon. Jeder bekommt es. Es ist immer das neueste Modell, wird ständig gewechselt. Es darf unlimitiert privat verwendet werden, und die Bank zahlt alles.“

Das ist sehr großzügig, sagen wir, und warum er dann überhaupt noch andere kauft? Doch Xavier lacht uns aus: „Das Telefon ist Eigentum der Bank. Mit ihrem Eigentum darf sie machen was sie will. Sie trackt den Standort. Alle Gespräche, Nachrichten, Chats, das gesamte Internetprotokoll und alle aufgenommenen Fotos gehen direkt an die Rechner der Bank. Dort laufen sie durch einen Algorithmus. Sie werden alles wenn nötig gegen dich verwenden. Die Tonaufnahme und wahrscheinlich sogar die Kamera laufen bestimmt permanent mit.“

Aha, gut, dann ist diese Sache also geklärt. Aber die anderen?

„Das zweite ist das Telefon für meine Frau, Familie und Freunde. Das dritte ist eine Nummer, die nicht so wichtig ist, und die ich auch kurzfristig immer wieder ändern kann. Die gebe ich an flüchtige Bekanntschaften, wenn ihr wisst was ich meine. Und das vierte, das brauche ich für geschäftliche Dinge, die weder mein Chef noch meine Compliance mitlesen oder mithören sollen. Damit niemand weiß, mit welchem der vier Telefone ich telefoniere, handelt es sich selbstverständlich bei allen um das selbe Modell.“

Warum er nicht ein Telefon nimmt, in dem meherer SIM Karten Platz haben, wollen wir wissen. Wieder lacht uns Xavier aus: „Dann könnte ich mein Telefon doch nicht einfach so wo liegen lassen oder zur Überprüfung geben! Habt ihr eine Ahnung, wie oft die Compliance von mir mein Telefon will, oder meine Frau sich die Nachrichten ansieht?“

Wie er die Telefone dann auseinander halten kann, wollen wir wissen.

„Das ist ganz einfach. Links über dem Display hat jedes Telefon eine kleine Markierung.“

Wir erfahren weiter, dass Xavier sich in den Innentaschen seines Mantels eigens vier Innentaschen hat anfertigen lassen. Die Innentasche, in der das Firmentelefon steckt, ist mit einer dünnen Metallschicht überzogen. So fällt dem Teil die Ortung sowie das unkontrollierte Mitschneiden von Gesprächen deutlich schwerer. Clever, clever, denken wir. Da hat Xavier an alles gedacht. Sogar die Aktentasche hat vier präparierte Fächer, ebenfalls eines eigens für das Firmentelefon.

Wir sind beeindruckt, doch Xavier winkt ab: „Das macht doch jeder!“

Ein wenig verwirrend scheint uns die Sache trotzdem zu sein. Wir schütteln den Kopf und fragen uns dabei insgeheim, wie wir es schaffen, unser Leben mit nur einem Mobiltelefon zu meistern.