Xaviers Blog: Ein Banker den das Leben schrieb. Eine Kolumne von Martina Bahl. Xavier ist heute wieder voller Enthusiasmus. Er erzählt uns, dass er sich ein Schwert kaufen wird. Eines aus richtigem Eisen, mit verzierten Griffen und möglicherweise sogar einigen Edelsteinen, aber darüber müsse er erst nachdenken. Schließlich sind Edelsteine doch etwas teuer, und angesichts der noch immer nicht verkauften drei Rennpferde, deren Unterhalt unerwartet viel kostet, will Xavier auf die Edelsteine verzichten. Das Schwert, so erzählt uns Xavier, wird zunächt von einem Desginer entworfen, und dann wird es in einer eigenen Schmiede eigens für Xavier angefertigt. Auf dem Griff wird – wie könnte es anders sein – auch das Familienwappen eingraviert sein.

Wir fragen erstaunt, was um alles in der Welt Xavier denn mit einem Schwert machen will. Bei einem antiken Schwert hätten wir uns noch denken können, dass Xavier sich dies an die Wand hängen würde und es sozusagen als Kapitalanlage oder Investition in Antiquitäten nutzen könnte. Aber ein brandneues, eigens nach Xaviers Vorstellungen geschmiedetes Schwert samt Familienwappen? Ist Xavier plötzlich ein Anhänger von Mittelalterfestivals geworden, bei denen sich Fans als Ritter verkleiden und auf einer Wiese in Zelten campieren, wo sie historische Kämpfe abhalten?

Xavier lacht über unsere Vorstellung. Nein, natürlich wolle er nicht mit fremden Menschen in historischer Kleidung auf matschigen Feldern mit schweren Schwertern Kämpfe nachstellen. Allein der Gedanke an kalte, matischge Felder irgendwo jenseits der Zivilisation lassen Xavier bereits Schauder über den Rücken laufen. Nein, so erklärt uns Xavier, das Schwert soll der Abschreckung und Selbstverteidigung dienen. Denn man stelle sich vor, bei Xaviers Nachbarn ist eingebrochen worden. Trotz Alarmanlage und Videoüberwachung!

Ein Schwert zur Selbstverteidigung? Wir lachen herzlich und wollen wissen, ob sich Xavier bei Ankunft der Einbrecher auch noch eine Ritterrüstung überzieht, in der er die Diebe dann empfängt. Xavier nimmt es uns sichtlich übel, dass wir ihn nicht ernst nehmen. Er zeigt uns auf seinem Mobiltelefon Fotos von Schwertern der Schmiede, die sein Schwert anfertigen wird. Die Klinge, so erklärt uns Xavier, ist scharf wie ein Rasiermesser. Und da das Schwert deutlich länger als jedes Küchenmesser ist, mit dem ihn ein Einbrecher möglicherweise bedrohen könnte, sei Xavier damit nun ganz klar im Vorteil, sollte es zu einem Kampf kommen.

Wir lachen noch immer, denn das Bild von Xavier mit einem schweren, unhandlichen Schwert, das er kaum hochheben kann, treibt uns die Tränen in die Augen. Zugegeben, in unserer Vorstellung trägt Xavier zusätzlich noch einen blau-weiß gestreiften Pyjama und einen eisernen Ritterhelm mit zuklappbarem Visier, durch das er den Einbrecher kaum sehen kann. In unserer Fantasie hackt Xavier ungeschickt aber eifrig sein eigenes Inventar kurz und klein, anstatt dem Einbrecher gefährlich zu werden.

Xavier ist noch immer sichtlich verärgert über unsere Kritik. Doch auf die Frage, ob er denn auch stark genug sei, das sicherlich schwere Schwert im Kampf zu schwingen, wird Xavier tatsächlich nachdenklich. Mit sehr ernster Stimme diktiert er seinem elektronischen Notizbuch: „Notiz an selbst: Vermehrtes Training in der Kraftkammer!“

Dann wollen wir noch wissen, wo er denn sein Schwert aufbewahren wird. Unter dem Bett? Nein, das wäre unpraktisch, bei der scharfen Klinge könnte man sich leicht verletzen, und sowieso wäre es dort nicht sicher vor der Putzfrau. Auf der Kommode gehe auch nicht, gibt Xavier zu bedenken, das würde seine Frau nicht wollen. Also bleibt nur die Lösung, das überdimensionierte Familienbild, das seine Frau an die Wand im Schlafzimmer gehangen hat, gegen eine Halterung für das neue Schwert zu ersetzen.

Wir nicken zustimmend und wünschen Xavier schon jetzt viel Erfolg bei der Diskussion mit seiner Frau. Und natürlich beim Kampf gegen mögliche Einbrecher. Wir fragen zum Abschluss noch, ob es denn nicht auch möglich sei, dass die Einbrecher, sollten diese kommen, während Xavier nicht zu Hause war, auch das neue Schwert stehlen könnten. Sie könnten es schließlich für eine wertvolle Antiquität halten. Xavier wird blass. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Nachdenklich verlässt uns Xavier.