Vor einiger Zeit, so erzählt uns Xavier, traf er sich mit einem wichtigen Kunden. Es war ein Fondsmanager, der viel Vermögen verwaltet und für durchaus viel Geschäft und damit Provision für Xaviers Arbeitgeber sorgen könnte.
Xavier erzählt uns, dass er seinen neuen Kunden vor dessen Büro traf. Sie wollten gemeinsam zum Mittagessen in ein teures Restaurant gehen. Der Kunde hatte das Lokal vorgeschlagen, aber nun gut, Essen lässt sich von der Steuer absetzen. Der Kunde, ein Mann mit ergrauendem Haar in den besten Jahren der Midlifecrisis, braun gebrannt selbst im Winter und schicken Sonnenbrillen, gab sich sehr selbstbewusst. Xavier war wohl nicht der einzige Banker, der sich um den Fondsmanager bemühte.
Auf dem Weg zum sündhaft teuren Restaurant blieb der Kunde vor dem Schaufenster eines Juweliers stehen. Mit einem sehr aussagekräftigen Blick zeigte der Kunde auf eine teure Uhr und sagte zu Xavier: „Diese Uhr würde mir schon sehr gefallen!“ Xavier nickte, nahm den Wunsch des Kunden zur Kenntnis, und ärgerte sich maßlos über die Unverschämtheit.
Kurz vor dem darauffolgenden Weihnachtsfest erhielt der Kunde, der mittlerweile einige große Geschäfte bei Xaviers Arbeitgeber abgeschlossen hatte, ein kleines Paket. Wohlgemerkt an seine Privatadresse, mit den besten Weihnachtswünschen und einem Danke für die bisher gute Zusammenarbeit. Denn kleine Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft.

Die Compliance-Regelungen, dass niemand teure Geschenke annehmen darf? Xavier zuckt mit den Schultern. Was die Compliance nicht weiß, macht sie nicht heiß.