Xavier lacht sich ins Fäustchen und freut sich darüber, wie clever er doch ist. Heute hat für ihn einfach alles wie am Schnürchen geklappt. Er hätte es sich wahrlich nicht besser ausdenken können. Er war einfach ein Meister seines Faches. Zufrieden grinsend blickt Xavier in die Runde. Denn alle Banker am Floor werfen Xavier immer wieder bewundernde Blicke zu. Das heißt, fast alle.
Einer blickt grimmig drein. Könnten Blicke töten, es stünde schlecht um Xavier. Doch das kümmert unseren Star nicht. Vielmehr nickt er stolz, wenn der ein oder andere Manager vorbei kommt und Xavier mit einem „Gut gemacht! Well done!“ kräftig auf den Rücken klopft. Wie man das eben so macht unter Männern.
Der grimmig blickende Banker ist Xaviers jüngerer Kollege. Der, der immer alles besser weiß. Nur heute, da ist er endlich einmal verstummt. Die Wut hat ihm wohl die Sprache geraubt. Nur gut so, denkt Xavier, und dass er es dem nervigen Besserwissser endlich einmal heimgezahlt hat.
Der Besserwisser hatte bereits tagelang an einem Geschäft gearbeitet. Ziemlich komplex war die ganze Sache, und im Grunde, das musste Xavier zugeben, hatte der Besserwisser hier eine geniale Idee für einen großen Kunden gehabt. Aber, so ist sich Xavier sicher, die Idee hätte sicher auch von ihm selbst kommen können. Das Geschäft stand bereits kurz vor dem Abschluss. Xavier, der seinen Platz neben dem Besserwisser hat, lauschte bereits den ganzen Vortag, was der Besserwisser mit dem Kunden genau besprach. Und dann die wichtige Information: Der Kunde wollte das Geschäft am nächsten Morgen abschließen. Xavier grinste allein bei dem Gedanken an seinen hinterhältigen Plan, den er gerade schmiedete.
Als der Kollege nun heute morgen eintraf, wartete auf ihn bereits ein wahrhaft riesiger Pappbecher Kaffee. Xavier hatte eigens alle Coffeeshops in der Umgebung abgeklappert, um nur ja den absolut größten Becherinhalt zu erstehen. Schätzungsweise einen ganzen Liter fasste der Becher. Dazu noch eine Flasche Mineralwasser einer Marke, die besonders für ihren Harntrieb bekannt war. Damit die Sache nicht zu offensichtlich war, hatte Xavier auch noch ein saftiges Croissant und kleine Knabbereien mit dazu gelegt. Sich selbt hatte er auch ein kleines Frühstück gekauft. Auch das gehörte zum Plan.
Der Besserwisser staunte natürlich. Xavier gab sich gönnerisch und sagte, es wäre schon längst einmal überfällig, dass er seinem direkten Kollegen einmal ein Frühstück ausgäbe. Dann nahm Xavier seinen – kleineren – Kaffeepappbecher und prostete dem Besserwisser zu: „Auf gute Zusammenarbeit!“ Der nicht sahnende Kollege lächelte unsicher, nahm den Pappbecher, und begann, den Liter Kaffee zu trinken. Dazu noch das Mineralwasser, die Snacks für den Blutzuckerspiegel, und schon begann Xaviers Plan zu wirken: Der Besserwisser musste mal.
Die Toilette, so muss man wissen, ist ein ganzes Stück weit entfernt. So dauerte es eine ganze Weile, bis der Besserwisser wieder an seinem Platz zurück war. Er staunte nicht schlecht, denn rund um seinen Schreibtisch war ein ziemliches Getümmel. Sogar der Chef war da und hatte es sich auf dem gerade leeren Stuhl des Besserwissers gemütlich gemacht. Die Aufregung, so sah er bald, galt Xavier. Dieser saß zurückgelehnt da und grinste in die Runde. „Gut gemacht!“ rief der Chef laut, und: „Nehmt euch ein Beispiel an Xavier! Er versteht es, Geschäfte zu machen! Besonders Sie!“ – damit meinte er den Besserwisser – „Besonders Sie sollten sich ein Beispiel nehmen! Sie arbeiten seit Tagen an einem einzigen Kunden und bringen keine Ergebnisse. Xavier hat fünf Minuten, und voilà, er schließt einen lukrativen Deal ab!“
Der Besserwisser wurde bleich. Und stumm. Und blickte böse auf Xavier. Dieser zwinkerte ihm nur zu, zuckte mit den Schultern und meinte: „Es ist nie gut, sich so lange vom Telefon zu entfernen. Man könnte doch glatt einen wichtigen Geschäftsabschluss verpassen. Wie gut nur, dass ich gerade zur Stelle war!“