Xaviers Blog: Eine Kolumne von Martina BahlSo aufgeregt und gesprächig erleben wir Xavier selten. Meist müssen wir ihm die Informationen und Antworten mühsam aus der Nase ziehen. Nicht so heute. Es spudelt förmlich aus ihm heraus, wie aus einem kleinen Jungen, der in der Werbung ein absolut geniales Spielzeug gesehen hat, das er jetzt unbedingt haben muss und deshalb jedem begeistert davon erzählt.

Xavier erzählt uns, dass er gerade ein neues Mandat an Land ziehen konnte. Ein ziemlich dicker Brocken sei das, betont er, und dass sein Chef unheimlich stolz auf ihn sei deshalb. Der Chef musste sogar persönlich zur Vertragsunterzeichnung mit anreisen.

Anreisen? Wir fragen Xavier, ob er denn den Vertrag im Ausland schließen musste? Nein, natürlich nicht, antwortet Xavier, obwohl, Ausland war nahe dran. Der Investor hatte Xavier und seinen Chef in die Lounge des Flughafenterminals für Kleinflugzeuge und Business Jets bestellt. Pünktlich um 10 Uhr sollten die beiden da sein, um den Vertrag zu unterzeichnen. Der Investor wollte Xavier und seinen Chef nämlich persönlich kennen lernen, bevor er ihnen sein Geld anvertraute. Das klang einleuchtend, also warteten Xavier und sein Chef auch zur gewünschten Uhrzeit wie bestellt auf den großen Investor.

Dieser kam dann ebenfalls pünktlich um 9.45 Uhr direkt aus den USA eingeflogen. Im Privatjet versteht sich. Im Gefolge hatte er seine persönliche, wunderschöne, junge Privatsekretärin, sowie drei Assistenten. Auf die Minute genau 30 Minuten saßen sie dann zusammen, unterzeichneten die Verträge, besprachen einige wichtige Details, und der Investor machte dabei offenbar einen großen Eindruck auf Xavier.

Nach der Unterzeichnung der Verträge musste der Investor ganz schnell zum nächsten Termin. Mit einem namhaften Politiker versteht sich, der ehemals wichtige, internationale Funktionen bekleidet hatte, und der nun als persönlicher Berater gegen saftiges Honorar zu diversen Themen der Weltpolitik befragt werden konnte.

Für den Investor und seine persönliche, wunderschöne und junge Privatsekretärin ging es übrigens in der noblen S-Klasse direkt vom Terminal in die Stadt. Xaviers Chef wurde ebenfalls in der S-Klasse kutschiert, allerdings nur bis zum Hauptterminal. Xavier und die Lakaien des großen Investors durften im Großraumbus Platz nehmen und wurden damit zum Hauptterminal gebracht, wo sie je nach Wahl mit dem allgemeinen Taxi oder der U-Bahn weiter zu ihren Terminen fahren durften. Hierarchie muss sein, und ein Unterschied in der Behandlung sowieso. Dass Xavier zu den niederen Lakaien gerechnet wurde, wurmte ihn natürlich etwas. Da hatte es sich möglicherweise auch um ein Missverständnis gehandelt.

Vom großen Investor war Xavier dennoch nachhaltig beeindruckt. So ein Flugzeug, das wolle er auch! Unbedingt! Zumindest irgendwann. Wir nicken wie immer verständnisvoll. Schließlich braucht jeder Mensch Träume.