Xaviers Blog: Ein Banker den das Leben schrieb. Eine Kolumne von Martina Bahl.Nachdem wir den Segelschein nun doch nicht mit Xavier durchstehen müssen, kommt er schon mit neuen Ideen daher. Der Segelschein, das wäre nicht sonderlich nützlich. Wie viel Zeit verbringt man schließlich jedes Jahr am Meer. Das könne er machen, wenn er in Rente ist und irgendwo in Süditalien oder Spanien leben würde. Aber jetzt, da habe er die zündende Idee schlechthin. Der Jagdschein muss her!

Wir blicken Xavier verwirrt an. Jagen? Was? Und vor allem wo? Wir haben viel Fantasie und sind dank Xavier auch sehr tolerant geworden, doch die Jagd, dabei können wir uns Xavier nun wirklich nicht vorstellen. Lange Märsche durch den Wald, ewiges Stillsitzen in einem Hochsitz, Aufstehen mitten in der Nacht, um rechtzeitig zum Morgengrauen auf der Lauer zu liegen. Dazu ein Gewehr über die Schulter gelegt und in grüner Jägerskluft. Tragen Jäger darunter weiße Hemden und schwarze Socken?

Doch Xavier ist begeistert von seiner Idee. Zurück zur Natur, jagen wie ein richtiger Mann. So wie in der Steinzeit. Mit Gewehr in die Steinzeit? Wo er denn jagen wolle, fragen wir Xavier. Na, so wie die Royals das in England täten, mit Pferden und kleinen Hunden und Gewehren über die Felder galoppieren. Wir nicken und sehen Xavier schon auf einem seiner Rennpferde über Zäune springen. Doch dann fällt uns ein, dass Xavier nicht Reiten kann. Daran habe er auch schon gedacht, antwortet uns Xavier, und ohnedies wären seine Rennpferde für die Jagd viel zu schnell und auch teuer. Aber er habe eine tolle Alternative zur Jagd zu Pferd.

Ein Bekannter, so berichtet uns Xavier, hätte zusammen mit einer Gruppe das Jagdrecht rund um eine kleine Stadt etwas nördlich. Vor allem Kaninchen aber auch Rehe und jede Menge Fasane hätte der Bekannte häufig als Beute. Das einzige Problem, so gibt Xavier zu, sind die Menschen aus dem Ort. Die würden schon mal bei der Polizei anrufen, wenn die Gruppe Jäger über die Wiesen vor ihren Einfamilienhäusern ziehen würde. Das laute Knallen wäre ihm dann auch etwas unangenehm, aber daran könnte man sich vielleicht mit Ohrenstöpsel schützen. Ohrenstöpsel? Wir lachen laut und geben zu Bedenken, dass er dann das Rascheln der Tiere und die Zurufe der anderen Jäger auch nicht hören wird.

Ob er denn schon mal am Schießstand geübt hätte, ein Gewehr abzufeuern, wollen wir nun wissen. Nein, natürlich nicht, antwortet uns Xavier, dafür hätte er keine Zeit. Das wolle er ganz am Ende noch schnell machen. Wir nicken und sehen unseren Bürohengst in seinem schicken Anzug und weißem Hemd bereits mit einem Jagdgewehr auf eine Scheibe zielen und die ängstlichen Blicke des Trainers, der fürchtet, jemand könnte dabei zu Schaden kommen.

Da wir aus dem Segelscheindesaster gelernt haben, suchen wir gemeinsam mit Xavier, wie umfangreich die Unterlagen und der Lehrinhalt für den Jagdschein denn wären. Über sämtliche Tiere muss Xavier Bescheid wissen, dazu die Natur, umfangreiches Jagdrecht, Waffenkunde, Schutzmaßnahmen, Regularien und Bestimmungen ohne Ende. Xavier überfliegt das Inhaltsverzeichnis der Jagdkommission und rümpft die Nase. Das müsse er sich nochmal überlegen, gibt Xavier zu bedenken, denn es wäre schon sehr umfangreich und langwierig. Sowieso versteht Xavier nicht, wieso man als Jäger denn alle Arten von Wild unterscheiden können muss. Es genüge doch wohl, den Unterschied zwischen Tier und Mensch zu kennen. Überhaupt würden die Behörden heutzutage alles sehr übertreiben.

Vielleicht, so mutmaßt Xavier, könnte man einen Jagdschein auch über Ebay kaufen. Oder irgendwo im Ausland. In Afrika im Zuge einer Safari etwa. Ob man damit dann auch in Europa jagen darf, das bezweifeln wir. Wir wollen Xavier darauf aufmerksam machen, tun es dann aber doch nicht. Schließlich scheint es uns nicht sehr wahrscheinlich, dass Xavier der Banker eigens nach Afrika fliegt, um dort selbst auf Zebras und Antilopen zu schießen. Viel eher säße er an einer Bar in der Lodge, mit Feldstecher und Telefon, und würde aus der Ferne per Handzeichen einem Einheimischen zeigen, welches Zebra er denn gerne hätte. Doch selbst das könnte Xavier zu mühsam sein. Dann lieber noch einen kühlen Drink an der Bar gegen Staub und Sonne, und der Plan, im nächsten Urlaub wieder auf dem Katamaran in Kroatien einzuchecken.