Wir sind beeindruckt und fühlen uns tatsächlich ein bisschen geschmeichelt. Xavier bietet uns statt unseres üblichen Treffens eine kleine Spritztour in seinem neuen Auto an. Er grinst breit über das ganze Gesicht, als er uns dazu einlädt. Er grinst sogar so breit, dass wir eine leichte Vorahnung von dem bekommen, was uns gleich erwartet.
Als wir das Café verlassen, erwarten wir, Xavier in eine Tiefgarage zu folgen. Vielleicht zu einem neuen BMW oder Audi, natürlich hoch motorisiert, schwarz und mit Sportausstattung. In einer Preisklasse, die normale Menschen für ein Eigenheim ausgeben würden. Aber Xavier bleibt direkt vor dem Café stehen und grinst wieder. Wir sehen uns um und sind leicht verwirrt. Denn hier parken nur einige weiße Lieferwägen, ein Taxi, eine alte Vesper und dazwischen ein dunkelblauer Maserati. Xavier zückt einen Schlüsselbund und deutet mit dem Kopf auf genau diesen Wagen. Er öffnet die Beifahrertür für uns uns lacht dabei laut.
Wir sind etwas sprachlos. Leicht verlegen blicken wir uns um. Hoffentlich beobachtet uns niemand, den wir kennen, während wir mühsam in den tief gelegten Sitz klettern. Xavier steigt ebenfalls ein und gibt Gas. Die Beschleunigung ist enorm. Schnell greifen wir nach dem Gurt. Bis wir das System der Sportgurte verstanden haben, sind wir bereits über zwei ziemlich dunkelgelbe Ampeln gerast, haben mehreren anderen Fahrzeugen den Weg abgeschnitten und drei oder vier Fußgänger angehupt, die daraufhin erschrocken wieder zurück auf den Bürgersteig gesprungen waren. Einer von ihnen hat uns etwas sehr Obszönes nachgerufen, worauf Xavier nur laut gelacht hat und eine ebenfalls obszöne Geste aus dem Fenster gezeigt hat.
Wir erkennen Xavier kaum wieder hinter dem Lenkrad. Wir sind überrascht und müssen uns erst sammeln. Als wir endlich wieder an unserem Café angekommen sind und sehr umständlich aus dem Auto klettern – ab einem gewissen Alter wünscht man sich einen kleinen Lastenkran, der einen aus dem Sportsitz hebt – atmen wir durch und konfrontieren Xavier direkt. Wie er sich bloß ein solch unpraktisches, viel zu teures Angeberauto kaufen kann, wollen wir wissen. Wir fragen, ob er denn seine Rennpferde verkaufen konnte.
Xavier schüttelt den Kopf. Nein, die Pferde und ihre Trainer fressen ihm weiterhin die Haare vom Kopf. Er lacht laut und flüstert uns ins Ohr, dass der Maserati nur gemietet ist. Für zwei Monate. Ein wichtiger Geschäftsabschluss steht an, und damit will er seinen Kunden beeindrucken. Wer sich einen Maserati leisten kann, der ist erfolgreich! Geliehen hat er sich das Auto von einem Freund, der eine Agentur für Anlagevermittlung besitzt. Der Maserati ist eigentlich das Angeberauto dieses Freundes. Ebenfalls um Kunden zu beeindrucken. Und auch dieser hat den Maserati nur als Leasingwagen. Im Grunde hat Xavier die Idee mit dem Beeindrucken von genau diesem Bekannten. Ein bisschen Spaß würde es ihm aber trotzdem machen, scherzt Xavier.
Ob denn irgendjemand auf dieser Welt tatsächlich auf so plumpe Dinge wie einen geliehenen Maserati hereinfallen würden, wollen wir weiter wissen. Xavier verdreht die Augen ob unserer Frage und ist es offensichtlich müßig, näher darauf einzugehen.