Xavier scheint wieder ganz im Charity Wohltätigkeits Fieber. Voller Stolz berichtet er uns, dass er morgen extra viele Geschäfte über einen ganz bestimmten Broker handeln wird. Und weil das so üblich sei, wolle er auch eine ganze Reihe an Geschäften sozusagen künstlich erzeugen, indem er sie mit befreundeten Bankern anderer Banken in Absprache hin und her schiebe. Normalerweise, so versichert er uns, mache er das natürlich nicht. Überhaupt würde er sonst eher selten über genau diesen Broker gehen, aber morgen sei nun mal der traditionelle „Charity Day“ des betreffenden Brokerhauses. Da gehen jedes Jahr an diesem einen Tag alle Einnahmen und Provisionen an einen wohltätigen Zweck. Im vergangenen Jahr seien so immerhin 7,5 Millionen Pfund Sterling zusammen gekommen, was über 11 Millionen US-Dollar entspricht. Nun gut, setzt Xavier noch obendrauf, das war im vergangenen Jahr nicht das allerbeste Ergebnis. Da gab es schon bessere Jahre.
Ach du meine Güte, denken wir, so viel Provisionen und Gebühren nehmen diese Typen an nur einem einzigen Tag ein? Uns wird kurzzeitig schwindlig und wir sehen wieder einmal ein, dass wir wohl nicht im richtigen Business gelandet sind. 7,5 Millionen. An einem Tag!
Nun gut, alles geht an wohltätige Zwecke. Das ist löblich. Bleiben aber immer noch die etwa 249 anderen Arbeitstage des Jahres, an denen die Gebühren nicht verschenkt werden.
Xavier aber ist von der wunderbaren Aktion absolut überzeugt und davon begeistert. Zusätzlich zum guten Gefühl, etwas Gutes mit dem Geld des Arbeitgebers und der Kunden gemacht zu haben, darf man, wenn man Glück hat, sogar mit einem Promi sprechen. Denn an diesem einen, speziellen Charity Day beantworten berühmte Schauspieler, Sänger und Sportler das Telefon.
Wir runzeln die Stirn. Ein Schauspieler, Sänger oder Sportler soll komplexe Finanzprodukte kaufen und verkaufen? Xavier lacht über uns. Natürlich könne man mit denen nicht Handeln! Aber zumindest Hallo könnte man ihnen sagen und etwas Smalltalk führen. Das sei schon irgendwie cool, gibt Xavier zu. Selbst für ihn, der sonst nicht besonders auf Berühmtheiten abseits der Bankerszene abfährt.
Wir fragen Xavier, ob er denn dafür überhaupt Zeit hätte. Promigespräche während der Arbeitszeit? Da lacht uns Xavier wieder aus. Er erklärt uns, dass der Charity Day sowieso meist auf Tage gelegt werde, an denen wenig bis nichts los sei im Markt. Nur die dem einen Broker würden an diesem Tag die Telefone ordentlich klingeln. Eben weil so wenig los sei, müssten Xavier uns seine Bankerkollegen so manche Geschäfte selbst kreieren.
Ah, sagen wir, also so wie die Angebote jeden Donnerstag bei Aldi!
Xavier sieht uns verwirrt an. Angebote von Aldi sagen ihm natürlich absolut gar nichts.
Wir begnügen uns damit, Xavier für sein heroisches Handeln, das Verteilen fremder Gelder und die Belebung eines Marktes zu ansonsten ruhigen Zeiten zu loben. Immerhin, so trösten wir uns, gehen die Einnahmen eines von 250 Handelstagen, also 0,4%, nicht an Broker für ihre Kois, Rennpferde, Familienwappen, Schlösser, Autos, Frauen, die vierte Rolex und sonstige Eskapaden, sondern kommen tatsächlich besseren Zwecken zugute. Das wird für all die Kunden, deren Gelder tagtäglich durch Fees und Provisionen verbraten werden, bestimmt ein kleiner Trost sein.