Selbst ist er keiner. Da ist sich Xavier ziemlich sicher. Dafür ist er in allem, was Zahlen angeht, einfach zu durchschnittlich. Aber er wäre gerne einer. Denn nur Autisten könnten in der kalten, harten Welt des Finanzmarkts auch richtig erfolgreich sein als Händler. Das denkt Xavier zumindest.

Mit Autisten hat Xavier schon mehrfach Erfahrung gemacht. Im Laufe seiner Bankkarriere hat er schon mehrere Exemplare live miterlebt. Sie sind die erfolgreichsten Händler, die Xavier je getroffen hat, erzählt er uns ganz bewundernd. Sie haben die Eigenschaften, die alle Händler gerne hätten, und um die sie die autistischen Asperger Kollegen alle heimlich beneiden. Denn diese sind knallharte Rechner, können genial gut mit Zahlen und Finanzmodellen umgehen, durchblicken den Dschungel aus Fakten, Zahlen und Informationen, der ständig über sechs bis acht Bildschirme flattert, trotdem noch klar und deutlich, und sie haben vor allem keine Scheu, Risiko zu nehmen. Um es mit Xaviers Worten zu sagen: Sie haben Eier.

Wir fragen Xavier, ob dieses fehlende Gefühl für Risiko denn nicht gefährlich sei. Maximal für die Bank, lacht Xavier. Für den Händler bedeutet hohes Risiko auch einen potenziell hohen Gewinn und damit automatisch einen potenziell hohen Bonus am Jahresende. Doch dafür braucht man Nerven. Und muss klug sein, denn sonst erhält man sofort einen Anruf vom Risikomanagement. Da müsse man schon intelligent und durchtrieben sein, das Risiko so einzugehen, dass es nicht sofort auffällt.

Xavier hätte auch gerne Eier wie seine Asperger Kollegen. Damit ist er nicht allein. Das hätten alle „normalen“ Banker gerne, meint Xavier. Und weil Neid unter Bankern nie zu guten Taten und schon gar nicht zu Nettigkeiten anspornt, finden es Xavier und die „normalen“ Banker besonders lustig, die Autisten unter den Händlern mit fiesen Sprüchen und Spitznamen zu hänseln. Irgendwo muss es schließlich einen gewissen Ausgleich geben, meint Xavier. Dass sich die Asperger Kollegen nicht wehren können, finden die Banker dabei besonders unterhaltsam.