Blass und erschöpft ist Xavier heute. So kennen wir ihn gar nicht! Unser quirliger, hyperaktiver Banker, der immer voll verrückter Ideen steckt, wirkt abgeschlagen und müde. Wir machen uns sofort Sorgen und wollen wissen, was los ist.

Xavier braucht eindeutig eine Auszeit. Er ist von unserem Vorschlag auch sofort hellauf begeistert, und im Nu funkeln seine Augen wieder. Gemeinsam sammeln wir Ideen, wie seine Auszeit aussehen soll. Viel Zeit hat er nicht, wohlgemerkt, denn die Jahresziele sind noch bei Weitem nicht erreicht, der Chef ständig schlecht gelaunt, weil der Markt nicht will wie er soll und die Kunden schon gar nicht, und überhaupt steht ein längerer Urlaub zusätzlich zur geplanten Beauty-Kreuzfahrt völlig außer Frage.

Ans Meer will Xavier nicht. Schließlich geht es bald auf das Kreuzfahrtschiff, und dort, so versichert uns Xavier, wird er genug Meer für eine lange Zeit sehen. Wir nicken und stimmen ihm zu. Und was ist das Gegenteil zu Meer? Die Berge natürlich! Xavier findet unseren Vorschlag einmalig gut und beschließt sofort, einen Eremiten-Urlaub in den Alpen zu buchen.

Xavier hat Glück. Es ist tatsächlich noch eine Berghütte in den steirischen Bergen weit ab von der Zivilisation kurzfristig zu buchen. Ein wenig wundern wir uns, warum die Hütte in den schönsten Sommermonaten noch keine Mieter gefunden hat, aber schließlich ist alles möglich, und es muss nicht unbedingt am Plumpsklo, der fehlenden Zufahrtsstraße und dem trotzdem horrenden Preis liegen. Macht alles nichts, Xavier ist kurz entschlossen und bucht die Hütte für drei Tage. „Man muss den Stier bei den Hörnern packen!“ versichert uns Xavier und lacht wieder breit. So kennen wir ihn! Und gerade weil wir ihn kennen, beginnen wir auch sofort, uns Sorgen um ihn zu machen. Weiß er denn überhaupt, wo die Steiermark liegt? Hat er Wanderschuhe? Kann er einen alten Holzofen heizen? Weiß er, dass es in dem abgelegenen Tal wahrscheinlich weder Internet noch Handyempfang gibt? Selbstverständlich ist die Antwort auf alle Fragen ein klares „Nein“, aber Xavier scheint das alles in diesem Moment nicht zu stören. Er ist aufgeregt wie ein kleines Kind und kann es kaum erwarten, als Kurzzeit-Eremit in die Berge zu entschwinden.