Xavier trägt eine große Sporttasche bei sich, die sichtlich schwer ist. Wir sind neugierig und fragen, ob Xavier gleich noch ins Fitness Studio will. Er schüttelt den Kopf, stellt die Tasche unsacht vor unsere Füße und sagt in ruppigem Ton: „Könnt ihr haben! Die Tasche will ich wieder.“

Wir sind überrascht und öffnen vorsichtig den Reißverschluss der großen Sporttasche. Wir trauen unseren Augen kaum: Alles voll mit Straußeneiern! Diesmal offensichtlich nicht in Watte gepackt und auch nicht hübsch als Geschenk her gerichtet wie beim letzten Mal.

Nach der etwas unsanften Behandlung durch Xavier untersuchen wir den Tascheninhalt vorsichtig auf Schäden. Wir atmen erleichtert auf. Keines der Eier ist zerbrochen. Wir ermahnen Xavier, beim nächsten Mal etwas sachter mit rohen Eiern umzugehen. Doch der lacht uns aus: „Wenn es so leicht wäre, diese Dinger kaputt zu bekommen!“

Wir blicken Xavier fragend an und wollen wissen, warum er uns die Eier überhaupt schenken will. Haben ihn seine Verletzungen von seinem letzten Ausflug auf seine Straußenfarm so wütend auf das große Federvieh gemacht?

Xavier lacht nur wieder laut und erzählt uns, dass er versucht hat, sich am Morgen eines der Eier, die er am Vortag frisch von der Farm geholt hatte, zu braten. Denn ein Ei braten, das kann schließlich jeder. Auch ein Banker. Dennoch scheint dabei etwas schief gelaufen zu sein. Ziemlich schief.

Es fing an mit der Schale. Xavier überlegte lange, wie er die dicke Schale über der Pfanne aufklopfen sollte. Einfach auf den Pfannenrand schlagen, das klappte nicht. Nur die Pfanne, die kippte dabei vom Herd und direkt auf Xaviers Füße. Und da sich Xavier nicht mit billigem Küchenzubehör begnügt, sondern nur die beste Profipfanne aus Gusseisen zu Hause hat, war die Pfanne auf Xaviers großem Zeh ordentlich schwer. Wahrscheinlich, so Xavier, wird sich in den nächsten Tagen der Nagel seines großen Zehs lösen. Wir verziehen mitleidend das Gesicht.

Doch damit hatte die Sache gerade erst begonnen. An der Pfanne aufschlagen ließ sich das Ei also nicht. Mit einem scharfen Messer ließ sich ebenfalls nichts ausrichten. In letzter Verzweiflung griff Xavier zum Hammer. Damit musste es schließlich klappen. Doch mit nur leichtem Klopfen war auch hier nichts auszurichten.

Xavier, der mittlerweile nicht nur sehr hungrig sondern auch wütend auf sein Ei war, holte schließlich kräftig aus und schlug zu. Die Eischale brach. Und wie! Vor allem aber auch: Wo!

Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer. Xavier hätte das Ei besser in der Pfanne mit dem Hammer aufgehauen, und auch mit nicht ganz so viel Kraft. So allerdings lag das Ei auf dem Küchentisch. Von dort lief das rohe Ei in alle Richtungen. Über Xaviers Zeitschriftenstapel, das neue Mobiltelefon, diverse Rechnungen sowie ein Schulbuch seiner Tochter. Das Ei lief und lief. Es lief auch die Tischbeine hinunter, bis auf den Boden. All das, während Xavier verzweifelt versuchte, zumindest etwas vom Ei zu retten und in die Pfanne zu bugsieren. Mit bloßen Händen versuchte er das rinnende Ei aufzufangen und in die Pfanne zu schütten. Ein wenig gelang es ihm tatsächlich, aber den Großteil verteilte er auf diesem Weg nur noch weiter in der Küche.

Am Ende war so ziemlich überall Ei. Auf dem Boden hatte Xavier es durch sein hin und her Gelaufe noch zusätzlich verteilt. Da kam auch schon das nächste Drama auf Xavier zu. Denn trocknendes Eiweiß klebt schrecklich. Überall klebte es nun. Seine Hausschuhe warf Xavier irgendwann wütend in den Müll. Es folgten kurz darauf die Socken. Diverse Lappen und Schwämme mussten ebenfalls daran glauben. Doch noch immer klebte alles, und das Ei war wirklich überall. In sämtliche Ritzen und Spalten war es gelaufen, und überhaupt verstand Xavier gar nicht, welch dramatische Ausmaße ein einziges Ei annehmen konnte.

Schließlich gab Xavier den Kampf gegen das entlaufene Ei auf. Er griff zum klebrigen Mobiltelefon und bestellte seine Reinigungsfrau umgehend ins Haus. Die wollte zunächst nicht kommen, da sie andere Verpflichtungen hatte. Doch wie Xavier weiß: Jeder ist käuflich. Und zum richtigen Preis kam dann auch die Reinigungsfrau zu Xavier ins Haus.

Von Straußeneiern hat Xavier erstmal genug. Die restlichen Eiern, die er mitgebracht hat von seiner Farm, will er nicht mehr im Haus haben! Wir freuen uns und tragen die Tasche vorsichtig nach Hause.